Statt bezahlbarem Wohnraum - Hochgarage für Autofahrer!?
Stadträten
Warum werden weitere 90.000 Euro für die Planung der umstrittenen Hochgarage im Wohnquartier an der Nette-Terrasse benötigt?
Mayen. Eigentlich ist der Autoverkehr in vielen Großstädten auf dem Rückzug und die Mieten
steigen. Parkgaragen werden dort zu Wohnungen umgebaut. In Mayen ist das jedoch anders. Jedenfalls
glauben fast alle Stadtratsmitglieder, außer die FWM-Fraktion und die zwei SPD- Kollegen, dass eine
vierstöckige Hochgarage mit 340 Stellplätzen unbedingt im Stadtkern gebraucht wird und gebaut werden
muss. Hauptargument der Befürworter ist eine Landesförderung, die 240 Stellplätze mit einem Festbetrag
von 11.000,- Euro je Platz, in Aussicht stellt. Nicht mehr und nicht weniger. Darüber hinaus muss die
Stadt Mayen auch sehr viel eigenes Geld in die Hand nehmen und selbstverständlich auf Jahrzehnte
diesen geschlossenen Betonkörper unterhalten. Natürlich sind auch Bedingungen mit der Landesförderung
verknüpft. Die dürfen nicht nur als Geschenk vom Land betrachtet werden, sondern da muss man schon ganz
genau hinschauen und abwägen, ob und warum man diese Hochgarage baut. Ein Beispiel dafür, wie die Stadt
seit Jahren verlustbringend an ehemaligen Förderprojekten "leidet", ist "Terra Vulcania". Regional
ein klassisches Beispiel für die finanziellen Folgen von Förderprojekten ist die Achterbahn "Ringwerk"
mit ihrem Totalausfall am Nürburgring. Deshalb ist es nach Meinung der Freien Wähler Mayen wichtig und
richtig, dass die jeweiligen neuen Planungen der Hochgarage weiterhin kritisch hinterfragt werden. Die
FWM-Fraktion mit ihrem Vorsitzenden Hans-Georg Schönberg ist prinzipiell der Überzeugung, dass nach
und nach die Parkgaragen in der jetzigen Form, nicht nur an Bedeutung verlieren, sondern auch aus den
Innenstädten verschwinden. So werden bereits seit Jahren die Tiefgagen in Mayen nur zögerlich
angefahren. Der einzige Bedarf ist derzeit nur noch beim Dauerparker zu sehen. Aber mit diesen verringerten
Einnahmen kann man keine Hoch- bzw. Tiefgarage auf Jahrzehnte verlustfrei betreiben. Nicht umsonst hat der
letzte Betreiber der Mayener Tiefgaragen das Handtuch geworfen und aufgegeben. Dazu kommt, dass die
Stadtbewohner weniger mit dem Auto in die City zum Einkaufen fahren, sondern auf die Randgebiete (Grüne Wiese)
ausweichen. Dort kann man kostenlos parken! Zudem wandelt sich in den letzten Jahren das Mobilitätsverhalten
nicht nur der Mayener, z.B. werden Fahrrad und E-Bike neu entdeckt.
Außerdem wird der bezahlbare Wohnraum im Zentrum knapp und für viele Bevölkerungsteile immer
unerschwinglicher. Dazu kommt, dass die geplante vierstöckige Hochgarage überhaupt nicht ins Wohn- und
Aufenthaltsquartier an der Nette-Terrasse passt. Denn der Charakter des jetzigen und noch zu schaffendem
Umfeldes im Bereich der Nette, bis hin zur Burg, zeigt eher eine offene, kleinteilige sowie historische
Bausubstanz. Eine geschlossene Hochgarage verschandelt hier das Stadtbild und schafft Problemzonen, so die
Sicht der FWM.
Die Ablehnung einer offenen Bauweise durch die Genehmigungsbehörde fordert jetzt die Planer der Verwaltung
heraus, sie wollen einen Realisierung- und Ideenwettbewerb mit Preisgeld ausloben. Geplante Kosten
90.000,- Euro. Aber was nützt der Stadt eine Hochgarage, wenn im Stadtkern bezahlbarer Wohnraum fehlt und
die Garage überwiegend leer steht? Verschärft wird die Wohnungsknappheit in diesem Bereich außerdem noch
durch den Abriss von Immobilien, die für den Bau der Hochgarage weichen müssen.
Nun ist die Verwaltung inzwischen der Meinung, dass eine Hochgarage alleine doch keinen Sinn ergeben
könnte und sucht nach einem Ausweg. Deshalb soll eine Mischung aus Parken, Wohnen und Gewerbe in den
Randbereichen entlang der Straßenzüge "Entenpfuhl" und "Im Keutel" durch den Realisierungs- und Ideenwettbewerb
geprüft werden. Fest steht, dass auch dieser Architektenwettbewerb für die Hochgarage nicht umsonst zu
haben ist und erneut viel Geld verschlingen wird, welches die Stadt an anderer Stelle viel besser gebrauchen
könnte. Zudem werden wieder Arbeitskräfte der Verwaltung weiter an das Planungsobjekt Hochgarage gebunden,
die nach Ansicht des FWM-Fraktionsvorsitzenden Schönberg an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden
könnten.
Darüber hinaus ist der neu eingeschlagene Weg der Verwaltung und der Befürworter der Hochgarage
eine willkommene zeitliche Überbrückung, um die anstehende Kommunalwahl 2019 ohne genaue Festlegung und
kritische Kommentare schadlos zu überstehen. Die Freien Wähler werden jedenfalls bei der Stadtratssitzung
am 23.10.2018 dem Vorschlag der Verwaltung nicht folgen und stimmen gegen die Ausgabe von weiteren
90.000,- Euro. Denn wenn man ganz nüchtern die Wohnqualität im Bereich der Aus- und Einfahrt
(340 Stellplätzen) der Hochgarage betrachtet, dann kann man sich nicht vorstellen, wer dort wohnen soll
bzw. will. Der einzige Grund warum die Verwaltung jetzt die beiden vierstöckigen Kopfseiten der Hochgarage
anders gestalten möchte ist der Tatsache geschuldet, dass neuerdings die Hochgarage nur in geschlossener
Bauweise gebaut werden darf und die immer favorisierte Fassadenbegrünung somit zu aufwendig wäre und nun
geräuschlos verschwinden soll. Schade! Hatten doch immer alle im Stadtrat mit der Fassadenbegrünung und
der offenen Bauweise für den Bau einer Hochgarage geworben.
Pressemitteilung FWM-Fraktion im Mayener Stadtrat, den 19.10.2018