Sehr geehrte Ratskolleginnen und - kollegen,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Treis,
sehr geehrte Damen und Herren,
Allerorten Krise- Krise- Krise: Finanzkrise in Europa, Schuldenkrise in Griechenland,
Bankenkrise in Spanien, Haushaltskrise der Europäischen Union! Und Deutschland steht
wie ein geldstabiler Leuchtturm mitten im alten Kontinent.
Ja, wir haben den größten Steuereinnahmen-Boom aller Zeiten. "Dickes Plus im
Steuersäckel", so lautet eine Überschrift, die man Ende September lesen konnte.
Das Bundesfinanzministerium habe in seinem Monatsbericht für August 2012 einen
Rekordwert ausgewiesen. Die Steuereinnahmen des Staates würden so stark ansteigen,
wie seit etwa eineinhalb Jahren nicht mehr. Als Gründe für dieses Ergebnis nennt
das Ministerium besonders die gute Konjunktur sowie eine positive
Beschäftigungslage.
Und trotzdem bekommen Bund, Länder und Gemeinden ihre Haushalte nicht in
Griff. Jedes Jahr - wie gehabt - auch in Mayen weist der Finanzhaushalt ein
Defizit, diesmal wieder weit über 4,0 Millionen Euro aus.
Vor diesem für unser Land positiven Hintergrund einen Haushalt zu
verabschieden, müsste doch eigentlich eine erfreuliche und runde Sache
sein, meine Damen und Herren. Aber erfreulich ist die Lage für uns in Mayen
leider immer noch nicht!
Um es gleich auf den Punkt zu bringen:
Der Haushalt 2013, den wir heute beraten, weist im Ergebnisplan auch für
2012 wieder ein Defizit von 4,5 Mio . €. aus -
für
2014 sind 4,1 Mio. €. ,
für
2015 dann 4,4 Mio. €. , und
für
2016 wiederum ein minus von 4,5 Mio. €.
Für jeden wird so deutlich, dass sich die Mayener Haushaltslage weiter
verschlechtern wird. Addieren wir bis 2016 die negativen doppischen Jahresergebnisse
zusammen, dann haben wir eine Summe von über 38 Mio. €. auf der Minusseite stehen.
Meine Damen und Herren, wenn bei solch guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie
wir sie jetzt in Deutschland haben, wieder ein defizitärer Haushalt vorgelegt
werden muss, dann gibt das meines Erachtens Anlass zu Besorgnis.
Und die Situation ist nicht nur bei uns in Mayen so; der allergrößte Teil der
Kommunen bei uns
in Rheinland-Pfalz muss weiterhin defizitäre Haushalte vermelden und das
Eigenkapital immer weiter verzehren.
Übrigens unser Eigenkapital ist bald weg!!! 2017, mit etwas Glück 2018, spätestens
2019!!
Hatten wir bei der Eröffnungsbilanz 2009 noch ein Eigenkapital von über
51 Mio. €. aufzuweisen, so können wir hier und heute in der Beschlussvorlage
3367/2012/1 alle nachlesen, dass das Eigenkapital der Stadt jetzt nur noch bei
26 Mio. €. liegt. Wie hoch das Eigenkapital 2017 noch sein wird, sagte ich
bereits. Es ist weg!!
Vor diesem Hintergrund werden Forderungen nach einer angemessenen Finanzausstattung
der Kommunen im Land schon seit Jahren erhoben. Und diese Forderung ist auch jetzt
im Dezember 2012 immer noch das zentrale kommunale Thema. Man darf gar nicht
darüber nachdenken, was wird, wenn die Wirtschaftslage sich wieder in Deutschland
verschlechtern sollte.
Sehr geehrte Ratskolleginnen und - kollegen,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Treis,
ich habe einmal nachgelesen, was die Freien Wähler eigentlich so im letzten Jahr
und in den Jahren davor zur Haushaltsverabschiedung geschrieben und beantragt
haben. Das Ergebnis meiner "Recherche" auf den Punkt gebracht heißt: Wesentliche
Forderungen oder Vorschläge wie Schuldenabbau und sparsames Haushalten, z.B.
bei der Museumsmeile "Vulkanpark" oder bei der Ausweisung von Wohnbaugebieten,
die wir in den letzten Jahren formuliert haben, sind mittlerweile allgemeiner
Konsens. Bedauerlicherweise hatten aber auch die vielen von uns in den letzten
Jahren ausgesprochenen Finanzierungswarnungen an die Mehrheitsfraktionen ihre
Berechtigung.
Die jetzige Liebäugelei einiger weniger politischen Akteure der Stadt möglicherweise
für größere Veranstaltungen eine Bürgerhalle langfristig zu sichern, bleibt leider
nur eine Liebäugelei. Denn zu groß und zu tief ist das Haushaltsloch der Stadt
Mayen inzwischen! Schade, aber es wäre bei der Haushaltsmisere grob fahrlässig
von uns, der Stadtspitze eine Vollmacht für einen Erwerb zu erteilen.
Zur Erinnerung! Noch vor kurzem wurde in den Gremien aufgrund von Wirtschaftlichkeit
und Sparzwang beschlossen, dass Eifelmuseum und Vulkanparkmuseum im Winter
geschlossen bleiben.
Doch zurück zum Haushalt 2013: Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle der
Verwaltung und ihren Fachbereichsleitern, besonders aber unseren beiden
Beigeordneten, Herrn Schuhmacher und Frau Kohlhaas, für die von Ihnen in einer
besonders schwierigen Situation geleistete Haushaltsaufstellung 2013 danken.
Sie haben mit ihrer Vorarbeit nicht nur wichtige Eckpfeiler gesetzt, sondern
auch eine gute Grundlage für unseren neuen Oberbürgermeister geschaffen. Der
kann, trotz kurzer Amtszeit, ohne größere Änderungen den defizitären Haushalt
übernehmen. Und das macht er auch!
Trotz alle den negativen Vorzeichen übernimmt der OB die Verantwortung für den
Haushalt 2013.
Deshalb: Danke, Herr Treis, an dieser Stelle auch an Sie, für das damit den
Verantwortlichen entgegengebrachte Vertrauen!
Jedoch für die Haushaltsaufstellung 2014 werden andere Maßstäbe im Vordergrund
stehen, Herr Treis. Denn dann gilt es für Sie, auf folgende Fragen antworten
zu haben. Wo spare ich, wo investiere ich und was verwalte ich nur noch?
Bei den damit wohl anstehenden massiven Bemühungen zu einer umfassenden
Haushaltskonsolidierung und den damit unweigerlich verbundenen schwierigen
Entscheidungen werden Sie die Freien Wähler Mayen gerne unterstützen!
Als Freier Wähler bin ich froh darüber, dass es jetzt zum ersten Mal seit
Jahren gelungen ist, nicht nur einen Haushalt gemeinsam zu beraten, sondern es
auch gleich gelingen wird, diesen einstimmig zu verabschieden. Alle sind
vorurteilsfrei aufeinander zugegangen, die anstehenden Fragen wurden offen
diskutiert und gemeinsam nach Lösungen gesucht.
Besonders erfreulich aber ist, dass der Oberbürgermeister für die
Haushaltsaufstellung 2014 eine noch offenere Vorgehensweise, die Bürgerbeteiligung
bzw. ein Bürgerhaushaltkonzept einschließen kann, signalisiert hat. Damit würde
nicht nur ein lang ersehnter Wunsch der Freien Wähler erfüllt, sondern auch
eine verstärkte Transparenz der Stadtpolitik hergestellt, die einen offenen
und ehrlichen Dialog, auch über Parteigrenzen hinweg, ermöglicht.
Die Vorteile:
1. Die Bürger wären bei der Vorbereitung des Haushaltsentwurfs nicht mehr
völlig ausgeschlossen.
2. Die Bürger würden einen Einblick in die Prioritätenlisten zu einzelnen
Themenfeldern des Verwaltungsentwurfes bekommen.
3. Die Bürger würden die abgelehnten Mittelanforderungen der Fachbereiche
kennen.
4. Die Bürger können eine Auswahl ihrer Prioritätenlisten dem Rat zur
Einscheidungshilfe mitteilen und so mitbestimmen.
Unser Fazit: Nur so und nur so können wir die Logik der letzten Jahre, mit der die
nichtöffentlichen Haushaltungsberatungen vonstatten gingen, knacken.
Denn durch diese verstärkte Transparenz bekommt jeder in unserer Stadt seine
Chance mitzumachen und dazu zugehören.
Dadurch bauen wir auch wichtige Brücken zu denjenigen, die sich abgehängt und
ausgeschlossen fühlen. Schließlich wollen wir alle, dass sich die wirtschaftliche
und finanzielle Basis wieder in Mayen verbessert und unsere Stadt wieder erblüht.
Endlich, Herr Schäfer, Herr Raab, Herr Mauel, habe ich ein gutes Gefühl, dass
sich etwas bewegen wird in unserer Stadt. Ein Prozess des Umdenkens oder sogar
einen Neuorientierungsprozess wird alle zum Mitmachen ermuntern und auch
Veränderungen der Umgangsformen einleiten. Kommunalpolitischer Frieden, der auf
einen fairer Umgang miteinander basiert, wird einziehen, wird einziehen müssen.
Ich sagte es bereits bei der Amtseinführung des neuen OBs, in den zuvor
stattgefundenen Ältestenratssitzungen und ich wiederhole es hier noch einmal
bewusst und eindringlich für alle:
Angesichts der großen und schwierigen Herausforderungen der Zukunft haben
persönliche Auseinandersetzungen oder parteitaktische Spielereien im Rathaus
und in den städtischen Gremien nichts mehr zu suchen.
Noch einmal zurück zum Haushaltes 2013:
Kennen Sie den Satz von Wilhelm Busch: "Mit dem Bezahlen wird man das meiste
Geld los." Dieser Satz gilt besonders im Bereich der kommunalen Finanzen,
denn: Jede Investition in Großprojekte erzeugt gnadenlos und unwiederbringlich
Folgekosten. Deshalb war die Entscheidung, den Vulkanpark zu errichten, unter
finanziellen Gesichtspunkten, ein Schritt in die falsche Richtung. Verzeihen
Sie mir, aber die nachfolgenden Fakten müssen die Befürworter des Vulkanparks
jetzt aushalten.
Im Haushalt 2013
- werden wieder 40.000 Euro Ausgaben für die Bewerbung des Vulkanpark
Infozentrums eingeplant.
- werden wieder 20.000 Euro Ausgaben für Heizkosten des Vulkanpark Infozentrums
eingeplant.
- werden wieder im Haushaltsplan die Personalaufwendungen erhöht. Ja, um
ganze 73 %, auf jetzt 209.679 Euro.
Wieder werden ….usw. Ich will es kurz machen.
Summe der Erträge sind (60.000 Eintrittsgelder) 107.395 Euro
Mir stellt sich die Frage? Was geschieht mit dem Vulkanpark, wie lange können
wir das Minus von 275.000 Euro überhaupt noch verkraften?
Meine Damen meine Herren, ich darf Sie alle darauf hinweisen, dass die
Leistung 2523100 Vulkanpark, nach wie vor, eine freiwillige Aufgabe der
Stadt ist. Sollten in der nächsten Zeit keine wesentlichen Ergebnisverbesserungen
erzielt werden, dann werden wir wohl über weitere Maßnahmen diskutieren müssen.
Notfalls die Reißleine ziehen!
Keine freiwillige Leistung sind die Aufwendungen für die soziale Sicherung.
Auch dort steigen die Ausgaben stetig an und belasten zunehmend unseren
Haushalt. So steigen z.B. die Eingliederungshilfen für seelisch behinderte junge
Menschen voraussichtlich von 45.000 Euro auf 200.000 Euro. Ich bin mir sicher,
dass dieses Geld, das für die Integrationshilfe/ Inklusion dringend benötigt
wird und sinnvoll eingesetzt ist. Ich möchte mit diesem Beispiel nur die
sozialen Belastungen der Stadt aufzeigen, die mit Sicherheit, bedingt durch
den demografischen Wandel und deren Auswirkungen, weiter ansteigen werden.
Ja, im nächsten Jahr müssen wir noch viele offene Fragen beantworten,
Herr Treis. Da wären die Fragen zu klären:
Was unternehmen wir, damit wir unsere Liquidität erhalten. Denn die
Kredite die zur Liquiditätssicherung notwendig sind und die Kassenkredite
sind am rechtlich zulässigem angekommen.
Was können wir tun, damit wir unsere 16 Bauplätze verkaufen?
Was ist mit dem Mayener Jugendamt?
Warum schneidet unser Jugendamt bei der Stellung und Bewertung durch die
integrierte Berichterstattung des Landes überdurchschnittlich negativ ab?
Was machen wir mit dem Bauhof? Dort muss dringend modernisiert und investiert
werden.
Wie sieht die Zukunft des Mayener Krankenhauses aus? Kann man den Beschäftigten
noch mehr Sparmaßnahmen zumuten?
Welche Weichen stellt der Kreistag MYK?
Zur Frage "Genoveaschule und deren Verbleib" stellten jedenfalls die
Kreisgremien die richtigen Weichen. Im letzten Jahr haben wir uns noch
Standortsorgen gemacht. Jetzt bin ich froh darüber, dass die Genovevaschule
für Mayen gesichert wurde. Für diese weitsichtige und kluge Endscheidung
danke ich an dieser Stelle unserem Landrat und verbinde viele
weihnachtlichen Grüße mit einem kleinen Wusch, er möge doch die Kreisumlage
alsbald senken. Aus Mainz jedenfalls ist zu hören, dass die Grundlagen für
2014 geschaffen werden.
Meine Damen und Herren,
bei allem vorangegangen Lob und Wünschen darf aber auch nicht verschwiegen
werden, dass im Haushalt 2013 die finanzielle Schieflage noch nicht konsequent
genug angegangen wird und ein nachhaltiges Konsolidierungskonzept kann, aller
Voraussicht nach, erst für den Haushalt 2014 erstellt werden. Denn bei aller
Unterfinanzierung der Kommunen durch Bund und Land sind eine Reihe der
Haushaltbelastungen 2013 bitteres Erbe von kommunalpolitischen Fehlentscheidungen
der letzten Jahre: Ich nenne nur die überdimensionierte Baugebietsplanung, den
Burgumbau, die Schaffung einer zweiten Museumsmeile und der Verwaltungsaufbau.
Hier wird im nächsten Jahr einiges diskutiert und korrigiert werden müssen,
denn die stadtpolitischen Herausforderungen sind groß: der demografischer
Wandel, die Sicherung der Zukunftsfähigkeit Mayens als Einkaufsstadt und
Standort von Gewerbe und Industrie, die Stadtökologie mit den Bereichen
Verkehr, Klimaschutz und Energiewende vor Ort sind hier nur einige
Stichpunkte.
Unser aller Ziel sollte es sein, auf diese Fragestellungen unter Einbeziehung
aller interessierten Bürgerinnen und Bürger und mit Beschlüssen, die mit hohem
parlamentarischem Konsens gefasst werden, zu antworten. Dieser Prozess wird
sicherlich seine Zeit benötigen.
Wir, die Mitglieder der Freien Wähler, werden uns die nötige Zeit dafür
nehmen und uns gerne gemeinsam mit den Ratsfraktionen in den Gremien allen
stadtpolitischen Herausforderungen stellen, um ergebnisoffen mit Ihnen, Herr
Oberbürgermeister Treis, nach möglichst optimalen Lösungen für Mayen zu
suchen. Wie war heute in der Rhein-Zeitung zu lesen, "Sitzungen im Mayener
Stadtrat haben nicht gerade den Ruf, kurz und schmerzlos zu sein"! Das ist
zutreffend Herr Röttgers, aber ich möchte eins erklärend nachschieben. Wir
arbeiten in Mayen nicht nach dem Motto "Verschiebe nichts auf morgen, was
genauso auch auf übermorgen verschoben werden kann." Mit diesem Zitat von
Mark Twain möchte ich auch meinen Redebeitrag beenden.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung danken wir für ihre
geleistete Arbeit. Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für Ihre
Aufmerksamkeit.
Die Freien Wähler Mayen stimmen dem Haushalt 2013 zu!
Hans-Georg Schönberg für die FWM-Fraktion im Mayener Stadtrat